Schülerinnen heben ihre Hand
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100 Sekunden Leben - In der Mädchenschule

Jungs und Mädchen gehen getrennt zur Schule - so ist es bei uns in Deutschland schon lange nicht mehr. Anderswo in Europa gibt es nach Geschlechtern getrennte Schulen aber noch. Und das hat auch große Vorteile, sagt unser Kolumnist Hendrik Schröder.

Meine Tochter geht gerade für ein Halbjahr in Irland zur Schule. Auf eine Mädchenschule. Und da weiß ich noch, wie wir im Fragebogen der Organisation, die so einen Auslandsaufenthalt durchführt, ankreuzen sollten, ob Mädchenschule oder gemischte Schule und meine Tochter unsicher war und ich sagte: Mach doch Mädchenschule, das ist mal eine Erfahrung, die Du bei uns nicht machen kannst.

Sie kreuzte beides an und ließ das Schicksal entscheiden und es wurde eben eine Mädchenschule. Und nun fährt sie jeden Tag in Rock und Kniestrümpfen, ja, das ist die Mädchenschuluniform, die in Irland immer noch Pflicht ist mit dem Bus zur Schule und fühlte sich anfangs recht verkleidet, jetzt aber nicht mehr. Nach ein paar Wochen kam schon ihr erstes Zwischenfazit: Ohne Jungs sei es schon ein bisschen langweiliger, aber im Unterricht so viel entspannter.

Kuscheltiertag an der Schule

 

Nicht so nervig, weil keiner den Dicken machen würde, es würde viel weniger gestört, gelabert, Mist gebaut und allgemein könne man dem Unterricht ohne Jungs viel besser folgen. Und das in einer fremden Sprache. Dann rief sie mich neulich an und berichtete vom Kuscheltiertag, alle brachten ihr Lieblingskuscheltier mit. Ähh..die sind in der zehnten Klasse, dachte ich, aber okay..und da hätten sie ganz rührende Geschichten erzählt zu den Kuscheltieren und manche sogar geweint.

Meine Tochter war beeindruckt.…tja, meinte sie, sowas gibt es halt nur an einer Mädchenschule, in meiner Klasse in Berlin würde im Leben niemand weinen vor den anderen, wenn es sich irgendwie vermeiden ließe. Die feixenden Sprüche der Jungs wären vorprogrammiert.

Können Jungs nicht anders als nerven?

 

Ich fasse zusammen: Mädchen lernen besser, gehen sich gegenseitig und ihrer Umwelt weniger unnötig auf die Nerven, können ihre Gefühle besser zeigen und reagieren emphatischer. Nun ist die ewige Frage natürlich: Ist irgendwas davon genetisch begründet? Oder ist das alles nur Sozialisation und anerzogen? Sollte man nicht auch Mädchen beibringen, dass sie mal laut und schwierig sein dürfen und nicht nur funktionieren müssen? Können Jungs hormonell bedingt gar nicht anders als zu nerven?

Wie auch immer die Antworten der Genderforschenden ausfallen. Zurückdenkend an meine eigene Schulzeit, wäre ich so manches Mal auch lieber..ein Mädchen an einer Mädchenschule gewesen.