Ein Junge wirft bei einem Fußballspiel enttäuscht die Arme in die Luft.
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100 Sekunden Leben - Wo soll das nur hinführen?

Seit 19. Juli läuft die Leichtathletik-WM in Budapest. Aber die deutsche Mannschaft ist noch immer ohne eine Medaille. Unseren Kolumnisten Thomas Hollmann beschleicht deshalb das ungute Gefühl, in einem Verliererland zu leben.

Erst der Fußball, jetzt die Leichtathletik. Würde mich nicht wundern, sollte Deutschland demnächst auch noch als Exportnation abgehängt werden - von Botswana, Barbados und den Britischen Jungferninseln. Diese Länder haben alle schon eine WM-Medaille gewonnen. Wie auch 32 andere.

Auf der anderen Seite nehmen bei einer Leichtathletik-WM derart viele Nationen teil, dass die allermeisten ohne Medaille bleiben. Was nicht nur ein Trost für Deutschland sein könnte, sondern auch ein Argument, mal wieder alles richtig gemacht zu haben. Würde sich ein medaillenloses Deutschland doch solidarisch zeigen mit der großen Mehrheit der WM-Nationen und so dem Image des ewigen Strebers entgegenwirken.

Eine konsequente Erfolglosigkeit darf man also getrost als völkerverständigende Art der Außenpolitik begreifen, nachdem die Leichtathletik-Funktionäre die vergangenen Tage bereits in Dauerschleife erklärt haben, Erfolg messe sich nicht an Medaillen.

Bei den Bundesjugendspielen wird deshalb in den Grundschulen künftig gar nicht mehr gemessen. Beim Rennen wird keine Zeit gestoppt und beim Weitsprung ist die Weite unwichtig. Die wird nur noch geschätzt, um weniger talentierte Schüler vor traumatischen Niederlagen zu bewahren. Vielleicht gelingt das sogar.

Dass man mit dieser gelehrten Wettbewerbs-Verweigerung Kinder für die Leichtathletik begeistert, halte ich allerdings für unwahrscheinlich. Für wahrscheinlicher halte ich es, dass Weltmeisterschaften künftig immer so enden wie der Eurovision Song-Contest: "Germany - zero Points".