Wenn es um die Geschichte der DDR geht, ist er ein gefragter Experte: Ilko Sascha-Kowlaczuk
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Vis à vis - Ilko-Sascha Kowalczuk: "Ich habe den Mauerfall nicht geahnt"

Wenn es um die Geschichte der DDR geht, ist er ein gefragter Experte: Ilko Sascha-Kowalczuk. Über den 9. November 1989 und drei Jahrzehnte deutsche Einheit hat sich Anke Burmeister mit dem Historiker unterhalten.

Für den Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk ist der 9. November 1989 nach wie vor ein bedeutender Tag. Er sagt, dass sich Menschen auch generationenübergreifend noch daran erinnerten, was sie an dem Tag gemacht haben. Dass die Mauer so schnell durchrbrochen würde, hatte ihn damals überrascht. "Ich habe am 9. November um 17 Uhr nicht geahnt, dass in zwei, drei Stunden die Mauer fallen wird", so Kowalczuk.

Mauerfall mit Vorgeschichte

 

Kowalczuk betont, dass die Ereignisse am 9. November eine Vorgeschichte haben. Er erwähnt die Proteste in Polen in den 80er Jahren und die bereits bestehende tiefe Krise des Kommunismus. Als eigentlichen Tag der Revolution würde der Historiker hingegen den 9. Oktober 1989 bezeichnen, den Tag, an dem in Leipzig eine Massendemonstration gegen das SED-Regime stattfand. Damals habe der DDR-Staat kapituliert und "es war klar, die Revolution hat gewonnen", meint Kowalczuk.

Neues Debatte um die Einheit

 

Der Historiker sieht gut 30 Jahre nach der Deutschen Einheit eine veränderte Debatte. Jüngere Menschen würden andere Fragen stellen. "Wir müssen akzeptieren, dass es in der Einheit eine Vielheit gibt und zu dieser Vielheit gehören auch Brüche innerhalb von Ostdeutschland", konstatiert Kowalczuk. Er plädiert dafür auch differenzierter auf den Osten zu blicken. Die Einheit als institutioneller Prozess sei schon lange abgeschlossen, die Friktionen, die Verletzungen und Widersprüche, die werde es weiter geben, meint der DDR-Experte.