Klimaprotest der "Letzten Generation". Auf Gemälde "Heuschober" von Monet wurde Kartoffelbrei verteilt.
Bild: abaca

Vis à vis - Dagmar Hirschfelder: Schützt ihre Kunst in der Gemäldegalerie

Klimaprotest macht auch vor der Kunst nicht Halt. Im Potsdamer Museum Barberini wurde ein Gemälde von Claude Monet mit Kartoffelbrei beworfen. Und es finden sich immer häufiger Nachahmer. Barbara Wiegand hat mit der Leiterin der Berliner Gemäldegalerie Dagmar Hirschfelder über die Sorge um ihre Kunst und ihre Haltung zu den Aktionen gesprochen.

In Den Haag wurde Vermeers Gemälde "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" attackiert, in London bekamen Vincent van Goghs Sonnenblumen Tomatensuppe ab, im Potsdamer Museum Barberini wurde ein wertvolles Bild von Claude Monet mit Kartoffelbrei beworfen. Das ist Klimaprotest mit dem Ziel größtmöglicher Aufmerksamkeit. Dazu kommen mitunter Nachahmer, wie bei der Kunstblutattacke auf ein Gemälde von Toulouse-Lautrec im Oktober in der Alten Nationalgalerie in Berlin. Wie sehr sind Museen nun in Sorge um ihre Kunst? Oder gibt es gar Verständnis für die Aktionen?

Klimademonstranten überblicken Auswirkungen ihrer Aktionen nicht

Dagmar Hirschfelder leitet seit einem Jahr die Berliner Gemäldegalerie am Kulturforum - mit wertvoller Kunst von Dürer, Caravaggio, Rubens und Cranach. Sie erzählt, dass die Gemäldegalerie zu den ersten gehörte, auf die eine Attacke verübt worden ist. Im August hatten sich Klimaprotestlerinnen an ein bedeutendes Gemälde von Cranach geklebt und den historischen Rahmen des Bildes beschädigt. Hirschfelder geht davon aus, dass die Klimademonstranten nicht immer überblicken, welchen Schaden sie anrichten. "Wenn man mit einem Gegenstand auf Kunst wirft, das ist das Eine, dann erzeugt man ja auch eine Erschütterung. Das kann natürlich das Werk schädigen. Verglaste Gemälde sind auch nicht absolut hundertprozentig geschützt. Es gibt immer, auch grad bei unseren frühneuzeitlichen, mittelalterlichen Werken, Ritzen zwischen Glas und Rahmen. Flüssigkeit kann hindurchdringen, [...] eine Leinwand kann sich mit Flüssigkeit vollsaugen. Das führt zu Farbabplatzungen, also da kann ganz viel passieren, was die Werke durchaus schädigt."

Verschärfte Sicherheitsvorkehrungen in den Staatlichen Museen

In allen Häusern der staatlichen Museen zu Berlin würden nun die Sicherheitsvorkehrungen angepasst. Jedoch wäre es sehr schade, wenn alle Werke verglast werden müssen, so Hirschfelder. Der unmittelbare Kunsteindruck könne den Besucherinnen und Besuchern dann nicht mehr ermöglicht werden. Man wolle keine "Atmosphäre des Hochsicherheitstrakts" erzeugen. Eine neue Sicherheitsmaßnahme sei, dass alle Gäste des Hauses ihre Taschen und Mäntel abgeben müssen.

Historische Kunstwerke für ein besseres Zusammenleben

"Bei allem Verständnis für diese gesamtgesellschaftlichen Anliegen des Klimaschutzes dürfen wir trotzdem unser Kulturgut nicht zerstören oder gefährden. Diese Werke spiegeln ja auch Werte der Gesellschaft, die ganz zentral für unser menschliches Zusammenleben sind. Also Werte, wie Toleranz, Menschlichkeit, die Fähigkeit zur Empathie." Solche Angriffe könnten nicht toleriert werden, so die Leiterin der Berliner Gemäldegalerie. "Unser Anliegen ist es, Kulturgutschutz und Klimaschutz zusammenzudenken." Man müsse sich über die Frage unterhalten, wie man die Erderwärmung aufhalten könne, der Angriff auf Kunstwerke sei der falsche Weg.