Jugendliche mit Bier in der Bahn
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100 Sekunden Leben - The Kids Are Alright

Die Jugend nervt. Und weiß trotzdem Bescheid. Zu diesem Schluss kommt Kolumnist Hendrik Schröder, nachdem er am Wochenende mal wieder mit der Bahn unterwegs war.

Ich bin mal wieder im Bordbistro der Deutschen Bahn. An einem anderen Tisch sitzen eine ältere Frau und ein älterer Mann, beide sind offensichtlich hauptberuflich in einer Öko Partei aktiv und unterhalten sich sehr höflich, ruhig, wortgewandt und man könnte auch sagen völlig routiniert und sterbenslangweilig über diverse politische Themen, während er nebenbei in einer internationalen Tageszeitung blättert. In ihrer parlamentarisch technokratischen Schnarchigkeit gehen sie mir schon nach 5 Minuten total auf den Wecker. Sowas meinen Menschen, wenn sie fragen, wie um Himmels Willen man sich ernsthaft für Politik interessieren könne.

Am anderen Tisch sitzen zwei 19-jährige Milchgesichter, die schon das zweite Bier holen (es ist 10 Uhr morgens) und offensichtlich unterwegs zu einem Bundesligaspiel sind, denn immer wieder stimmen sie zwischen ihren total sinnlosen postpubertären "Alter", "Digger", "krass" Labereien ein Loblied auf den 1. FC Köln an.

Dann aber kommen sie plötzlich auf das Thema Generationengerechtigkeit und dass sie es nie so gut haben werden, wie ihre Eltern es hatten. Auf den Klimawandel und dass man da gar nicht immer drüber nachdenken könne, weil man sonst gar keinen Bock auf nichts mehr hätte und wie sehr sie das aber in ihrem Leben noch treffen wird, und dann noch auf das Für und Wider von Angela Merkels Flüchtlingspolitik.

Das alles leger, wie beiläufig, mit den Sneakern auf den Sitzen. Dann sagt einer: Komm, lass mal gegeneinander spielen. Und sie zocken irgendein Handy Game und trinken gackernd weiter Bier. Ich bin beeindruckt. Bei denen geht alles - und zwar gleichzeitig: Fußball, daddeln, saufen UND ein ernsthaftes Interesse an den Verhältnissen. Von Abgeklärtheit oder Desinteresse keine Spur. The Kids are alright.