Wale im Ozeaneum von Stralsund
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100 Sekunden Leben - Dicke Hose in Stralsund

Unser Kolumnist war einmal mehr für ein paar Tage weggefahren - nach Stralsund nämlich. Dort hat er Unerwartetes erlebt und ist mit einer erstaunlichen Erkenntnis nach Hause gekommen.

Berlin macht ja gern auf dicke Hose. Dabei hätte Stralsund allen Grund dazu. Ganze Wale hängen dort unter der Decke. Da habe ich nicht schlecht gestaunt. Auch über das Ejakulat des Riesenhais, das ebenfalls im Ozeaneum zur Schau gestellt ist. 180 Liter. Die liefert der Hai pro Befruchtungsversuch frei Haus.

"Ein Traum" bemerkt der Vater, mehr zur Mutter als zum Sohn, die die Augen verdreht und dem Filius das Arrangement der milchig befüllten Glaskolben dann doch wissenschaftlich zu erläutern versucht. "Daraus wird ein Riesenhai-Baby." "Nur eins?", fragt der Junge.

Der "Ostseeteller", den ich abends im "Schipperhus" gegessen habe, war auch gewaltig. Dorsch, Scholle, Zander und dazu ein Berg Bratkartoffeln. Am nächsten Abend gab es woanders Kürbisteigtaschen mit Nussbuttersauce und französischem Akkordeon-Gefippel Nachdem ich zuvor in einem Laden Tafelsilber für tausend Euro entdeckt hatte.

Damit hätte ich nicht gerechnet, mit so teuren Löffeln. Genau genommen hatte ich mit gar nichts gerechnet. War ich doch davon ausgegangen, dass mich Stralsund in keiner Weise würde beeindrucken können. Denn davon gehe ich, wenn ich es mir recht überlege, immer aus, dass alles weniger wird, je mehr ich Berlin hinter mir lasse. Weniger originell, weniger inspirierend, weniger cool.

Das ist natürlich dumm und ignorant. Ich weiß. Jetzt wieder. Zumal der Friseurladen in der Marienstraße gleichzeitig eine Espressobar ist. Und diese Idee, in der eigenen Tasse zu rühren, während andere Leute eine Metamorphose durchmachen, finde ich durchaus interessant. Aber das Zeug zum Trend hat wahrscheinlich nur die Riesenhai-Nummer. Zumal in Berlin.