Ein Junge öffnet ein Türchen am Adventskalender
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100 Sekunden Leben - Keine Lust auf zählen

Am Donnerstag ist der 1. Dezember. Und dann zählt Deutschland wieder hoch bis 24. Und dann wird die letzte Tür des Adventskalenders aufgeklappt – und es ist Heiligabend. Unser Kolumnist Thomas Hollmann verweigert sich allerdings dieser numerisch-kalendarischen Tradition.

Am Donnerstag ist der 1. Dezember. Und dann zählt Deutschland wieder hoch bis 24. Und dann wird die letzte Tür des Adventskalenders aufgeklappt – und es ist Heiligabend. Unser Kolumnist Thomas Hollmann verweigert sich allerdings dieser numerisch-kalendarischen Tradition.

Ich kann bis 24 zählen. Ich will damit aber nicht dreieinhalb Wochen lang beschäftigt sein. Das hat doch etwas Zwanghaftes, immer erst einen Tag zu warten und dann ja nicht die „7“ vor der „6“ aufzumachen. Und warum ist all die Schokolade und all das Sexspielzeug hinter Türen versperrt? Das sollten sich die Adventskalender-Fetischisten ruhig mal fragen.

Wobei es anfänglich Fenster waren, hinter denen sich auch keine Anti-Age-Creme verbarg, sondern gemalte Engel. Allerdings, wenn es vor hundert Jahren schon Anti-Age-Creme gegeben hätte, hätte der Münchener Verleger Gerhard Lang möglicherweise auch die hinter die Pappfenster geklebt. Denn der Mann hatte einen ausgeprägten Sinn fürs Geschäftliche. Deshalb legte er kurzerhand den 1. Dezember als Startdatum für den weihnachtlichen Countdown fest. Der Adventskalender ist also ein Kind bayrischen Unternehmergeistes - und keines des Heiligen Geistes.

Man könnte auch rückwärts zählen. Macht die Nasa schließlich auch. Three, two, one – lift off. Und Weihnachten hat ja was von Raketenwissenschaft. Die Fachleute und Esoteriker streiten noch immer, ob der Stern von Bethlehem ein Komet war oder eine Jupiter-Saturn-Konjunktion. Oder vielleicht doch eine Supernova. Und das finde ich erstaunlich, dass eine so undefinierte Himmelserscheinung eine derart globale Zeitenwende eingeleitet hat. Immerhin sind wir jetzt schon fast bei 2023.

Die Schuldenuhr beim Bund der Steuerzahler ist natürlich schon viel weiter. Was jetzt nicht unbedingt etwas mit dem Adventskalender zu tun hat. Außer, dass es die Leute lieber hätten, wenn die Schuldenuhr rückwärts liefe. Insofern: Machen Sie am Donnerstag ruhig die „24“ auf.