SPD-Landeschef Dietmar Woidke (SPD, 5.v.r) steht mit seinen Ministern für ein Gruppemfoto zusammen.
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Interview - Politikwissenschaftler: Gratwanderung für Ministerpräsidenten

Die neuen Landesregierungen in Brandenburg und Thüringen stehen. Auch in Sachsen könnte es bald so weit sein. Politikwissenschaftler Hans Vorländer von der TU Dresden sagt, es sei überraschend, wie schnell das gelungen sei.

Mit dem BSW habe "ein neuer Spieler" die poltische Bühne betreten, sagt Politikwissenschaftler Hans Vorländer von der Technischen Universität Dresden. Das führe in den ostdeutschen Bundesländern zu neuen Verhältnissen, die allerdings "etwas instabil sind". Die frisch gewählten Ministerpräsidenten in Brandenburg und Thüringen müssten nun eine Gratwanderung hinlegen - insbesondere beim Kernthema des BSW, der Friedenspolitik. Inwiefern sie sich verbiegen müssen, hänge auch vom Einfluss von Parteichefin Sahra Wagenknecht ab.

Grundsätzlich zeigt sich der Experte überrascht davon, wie schnell und reibungslos die Regierungsbildungen abgelaufen seien. Insbesondere in Thüringen sei das nicht zu erwarten gewesen. Denn dort kommen CDU, BSW und SPD lediglich auf genauso viele Stimmen wie die Opposition - haben also keine Mehrheit. Offenbar sei es aber gelungen, eine Vereinbarung mit den Linken zu treffen. "Hier gibt es anscheinend doch Vertrauen zwischen den handelnden Personen." Das könne eine Grundlage für die kommenden Jahre sein.

Vorländer: Offen, ob Kretschmer eine Mehrheit bekommt

 

"Aber ob das so bleibt, auch intern in der Koalition in Thüringen, ist hier eine andere Frage, denn BSW muss sich auch in irgendeiner Weise ja doch mal dazu durchringen, eine Partei zu sein, die mitgestalten will." In Sachsen habe das BSW einen anderen Kurs gefahren, sagt Vorländer. Eine Koalition aus CDU, BSW und SPD war dort in der Sondierungsphase gescheitert.

Dennoch will sich Amtsinhaber Michael Kretschmer (CDU) am Mittwoch erneut zum Ministerpräsidenten wählen lassen und eine Minderheitsregierung mit der SPD anführen. Laut Politikwissenschaftler Vorländer ist nicht absehbar, ob er dafür eine Mehrheit bekommt. Es sei zu befürchten, dass es zu einem ähnlichen Fall kommt wie in Thüringen im Februar 2020. Damals war Thomas Kemmerich (FDP) mit den Stimmen der AfD unerwartet zum Ministerpräsidenten gewählt worden.

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Dietmar Woidke (SPD) bei seiner Vereidigung zum Ministerpräsidenten im Brandenburger Landtag.
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Interview - Politologe: Ein Start, den sich keine Regierung wünscht

Dietmar Woidke (SPD) ist wieder zum Ministerpräsidenten von Brandenburg gewählt worden. Im ersten Wahlgang fehlten allerdings Stimmen. So sei ein Stück weit Vertrauen zwischen den Koalitionspartnern verspielt worden, sagt Politikwissenschaftler Werner Krause.