Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei einer Fernsehansprache nach dem Rücktritt des Premierministers. (Bild: picture alliance/ZUMAPRESS.com/Matthieu Mirville)
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Interview - Frankreich-Expertin: Die Positionen sind ziemlich festgefahren

Nach dem Sturz von Ministerpräsident Barnier droht Frankreich die politische Lähmung. Die Politikwissenschaftlerin Helene Miard-Delacroix sieht wenig Kompromissbereitschaft bei den Akteuren.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron muss eine neue Regierung aufbauen, nachdem in der vergangenen Woche Links- und Rechtspopulisten gemeinsam seinen Ministerpräsidenten Barnier gestürzt haben. Die Germanistin und Politikwissenschaftlerin Hélène Miard-Delacroix ist Professorin an der Sorbonne Universität in Paris. Für sie steht fest: Der neue Ministerpräsident wird mit den alten Problemen zu kämpfen haben:

"Das Parlament und seine Zusammensetzung in drei gleich wichtigen Blöcken wird nicht plötzlich geändert. […] Es ist sehr schwer, einen Kompromiss-Kandidat zu finden, weil die Positionen ziemlich festgefahren sind und alle Mitglieder, alle Abgeordneten dieser drei Blöcke, sind überzeugt, dass ihre Wähler ihnen ein Mandat gegeben haben und dass sie auf keinen Fall irgendwelche Kompromisse eingehen könnten mit den anderen Gruppen."

Miard-Delacroix: "Wichtig ist, dass das Land nicht in eine Finanzkrise gerät"


Hier sehe man einen großen Unterschied mit Deutschland, wo man sich zunächst zusammensetze und nach Punkten und Feldern suche, bei denen man sich einigen könnte. "Hier wird erwartet […], dass der Staatspräsident einen Ministerpräsidenten ernennt, der dann nach Kompromissen und Zugeständnissen suchen soll."

Problematisch ist diese aktuelle Pattsituation, weil die Regierung schnell einen neuen Haushalt verabschieden müsste, so die Politikwissenschaftlerin: "Wichtig ist, dass vor allem dieses Land nicht in eine Finanzkrise gerät. […] Man darf hier keine Zeit verlieren."

Lösung noch vor Weihnachten? Eher unwahrscheinlich.


Dass noch in diesem Jahr eine Lösung findet, glaube Miard-Delacroix nicht: "Wenn man einen Ministerpräsidenten hat, hat man noch keine Regierung. Und um eine Regierung zu haben, muss zunächst sozusagen eine Plattform gefunden werden mit politischen Kräften, die bereit sind, mindestens sich ein bisschen zu engagieren […] und wo jede Seite ein bisschen Zugeständnisse macht."

Es gebe Fortschritte, weil Druck aus der Bevölkerung komme, "aber dass es vor Weihnachten passiert, glaube ich, ist nicht glaubwürdig."

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