Wegweiser mit Viertagewoche
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Interview - Arbeitsmarktforscher: Flexibilität wichtiger als kürzere Arbeitszeit

Die Debatte über die Vier-Tage-Woche nimmt Fahrt auf. Der Arbeitsmarkt- und Berufsforscher Enzo Weber sieht in der kürzeren Arbeitszeit kein Allheilmittel - in seinen Augen sind Flexibilität und Selbstbestimmung den Arbeitnehmern viel wichtiger.

Vier Tage arbeiten – drei Tage Erholung, das klingt verlockend. Aber: Ist das realistisch? Experimente in Großbritannien, Irland oder Island haben gezeigt, dass Beschäftigte an vier Tagen genau so viel leisten können wie vorher an fünf Tagen. Gleichzeitig waren sie entspannter und motivierter. In Deutschland nimmt die Debatte über die vier-Tage-Arbeitswoche gerade Fahrt auf.

Prof. Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg ist nicht uneingeschränkt begeistert von der Vorstellung. Für ihn geht es weniger um die reine Arbeitszeit, sondern um Selbstbestimmung und Flexibilität: "Menschen wollen Arbeitszeiten, die sich stärker dem eigenen Leben anpassen." Eine obligatorische Vier-Tage-Woche sei genauso starr wie eine Fünf-Tage-Woche.

Gleiche Leistung an vier Tagen oft nicht möglich

Dass die Menschen insgesamt kürzer arbeiten wollten, sieht Weber nicht – zumindest nicht, wenn sie dafür Lohneinbußen in Kauf nehmen müssten. Weniger Arbeit bei vollem Lohnausgleich wiederum würde zu höheren Lohnkosten für die Arbeitgeber führen. In einigen Berufen sei es auch gar nicht möglich, an vier Tagen die gleiche Arbeit zu leisten wie an fünf, da die Arbeit zeitbezogen sei: "Busfahrer können, wenn sie eine Buslinie fünf Tage abdecken müssen, die Leistung nicht in vier Tagen erbringen. Sie können den Bus ja nicht an den anderen vier Tagen schneller fahren oder so."

Der Arbeitsmarktforscher plädiert dafür, die Wahlfreiheit herzustellen. Jeder solle die Möglichkeit haben, "über den Lebensverlauf hinweg die Arbeitszeiten zu wählen, berufliche Entwicklung soll mit jeder Arbeitszeit gleich gut möglich sein." Die Herausforderung für die Betriebe sei es dann, die individuellen Wünsche alle unter einen Hut zu bringen. Das sei nicht einfach, lohne sich aber: "Die Zufriedenheit […] kommt nicht so sehr von der Länge der Arbeitszeit, sondern die kommt daher, wie stark ich selber darüber bestimmen kann."