Interview - Verhaltensexpertin: Radikaler Klimaprotest holt Großteil nicht ab
Die Gruppe "Letzte Generation" plant in den kommenden Tagen große Aktionen in Berlin und will die Hauptstadt lahmlegen. Julia Hensen, Verhaltensökonomin am Institut der deutschen Wirtschaft, hält solche radikalen Protestformen nicht für hilfreich. Zur Verhaltensänderung brauche es sanftere Methoden.
Die Ankündigung der Klimaschutzgruppe "Letzte Generation" zu großen Protestaktionen in Berlin ist nach Ansicht von Verhaltensökonomin Julia Hensen wenig zielführend. Mit dem moralischen Zeigefinger würden die Aktivistinnen und Aktivisten eher das Gegenteil ihres Ziels erreichen - "und zwar Reaktanz, weil sie halt mit dem moralischen Zeigefinger arbeiten". Dieser Widerstand entstehe, wenn der Einzelne das Gefühl habe, seine Freiheit werde eingeschränkt.
"Wenn sie sagen, dass Berlin lahmgelegt wird, wird der Großteil der Bevölkerung damit einfach nicht abgeholt", sagt die Forscherin vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft. "Die Methoden sind zu radikal und die 'Letze Generation' spricht einfach nicht für die Mehrheit der Menschen und das ist in einer Demokratie wichtig."
Verhaltensökonomin: Verbote sind nicht der richtige Weg
Die meisten Menschen hätten bereits wahrgenommen, dass etwas getan werden müsse für den Klimaschutz. Für Verhaltensänderungen brauche es aber statt radikalen Methoden eher sanftere Wege. So seien etwa höhere Preise für klimaunfreundliche Produkte aus verhaltensökonomischer Sicht denkbar.
Auch sogenanntes Nudging - also das sanfte Anstupsen - könne eine geeignete Methode zur Verhaltensänderung sein. Mit Verboten zu arbeiten sei hingegen nicht der richtige Weg. Auch bei Unternehmen könnten diese Reaktanz auslösen, meint Hensen.