Symbolbild Missbrauch in der Kirche - Im Gegenlicht und vor wolkenverhangenem Himmel ist die Kirchturmspitze des Doms mit Kreuz zu sehen (Bild: picture alliance / dpa)
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Interview - Eckiger Tisch: Aufarbeitung sexualisierter Gewalt dauert ewig lange

Am Dienstag wurde der Expertenbericht zu sexualisierter Gewalt im Erzbistum Freiburg veröffentlicht. Matthias Katsch, Vorsitzender der Opfer-Initiative "Eckiger Tisch" bemängelt, dass die Aufarbeitung solcher Fälle lange dauert. Er fordert mehr Engagement auch aus der Politik.

Das Interview wurde vor der Vorstellung des Berichts im Erzbistum Freiburg geführt

Matthias Katsch ist ehemaliger Schüler des Canisius-Kollegs, Betroffener sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche und Vorsitzender der Opfer-Initiative "Eckiger Tisch". Katsch erklärt zum erwarteten Bericht aus dem Erzbistum Freiburg, die Experten seien bei der Aufarbeitung daruf angewiesen, dass das Bistum Freiburg ihnen die Zugänge ermöglicht.

"Diese Art der Aufarbeitung dauert ewig lange, vor allem aus Sicht der Betroffenen." Zudem seien die vorgestellten Ergebnisse oftmals nicht befriedigend. Er selbst befürchte, dass der aktuelle Bericht nur die Spitze des Eisbergs zeigen werde.

Seit dem Aufdecken 2010 von sexualisierter Gewalt am Berliner Canisius-Kolleg gebe es durch die Beharrlichkeit Betroffener Fortschritte in der Aufarbeitung. "Aber es ist schon frustrierend, dass es so lange braucht, bis sich nach und nach auch in der Politik die Erkenntnis durchsetzt: Wir können das nicht der Kirche so alleine überlassen", so Katsch.

Hintergrund

Missbrauchsbericht des Erzbistums Freiburg

Im Erzbistum Freiburg sind in den vergangenen Jahrzehnten mindestens 540 Minderjährige Opfer von sexualisierter Gewalt geworden.

Das hat der Leiter der unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs, Striet, gesagt. Man ginge von mehr als 250 Priestern aus, die des Missbrauchs schuldig seien oder beschuldigt würden.

Bei der Vorstellung des aktuellen Berichts sagte er, diese Zahl sei mit großer Vorsicht zu sehen - man gehe von einem erheblich größeren Dunkelfeld aus.

Der Bericht der Kommission analysiert anhand von konkreten Fällen, wie Kirchenvertreter mit den Opfern sexualisierter Gewalt umgegangen sind und welche Strukturen diese Gewalt begünstigt haben.

Ähnliche Gutachten gab es auch schon in anderen Bistümern, darunter Köln und München. Freiburg ist mit rund 1,8 Millionen Katholiken eine der größten Diözesen Deutschlands.