Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) spricht auf einer Pressekonferenz zur aktuellen Ratssitzung der Bank.
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Interview - Finanzexperte zur EZB-Zinsentscheidung: "Alles richtig gemacht"

Die Finanzwelt ist in Unruhe: Zunächst waren drei Banken in den USA in Schieflage geraten. Danach brachen die Aktienkurse der Schweizer Credit Suisse ein. Dennoch hebt die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins weiter an. Finanzexperte Christoph Schalast findet das richtig. Eine andere Entscheidung hätte für Unruhe gesorgt, sagt er.

Um weitere 0,5 Prozentpunkte auf 3,5 Prozent steigt der Leitzins im Euroraum. Das hat die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag bekanntgegeben. Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance and Management kann die Entscheidung nachvollziehen. "Alles richtig gemacht", sagt der Rechtswissenschaftler.

Trotz der aktuellen Turbulenzen im Bankensektor glaubt er nicht, dass die Zinserhöhung der EZB zu weiteren Unruhen führen wird: "Sie hat genau das getan, was sie angekündigt hat. Sie kämpft im Augenblick gegen die Inflation. Und es wäre eher verwunderlich gewesen, wenn sie jetzt anders agiert hätte - das hätte eher Unruhe geschafft."

Schalast: Steigende Zinsen sind Chance für deutsche Banken

 

Finanzexperte Schalast betont, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Entscheidung der EZB und den aktuellen Problemen mehrerer US-Banken sowie der Credit Suisse gebe. Für deutsche Banken sieht er in den steigenden Zinsen eine Chance: "Zum ersten Mal seit langem - seit fast zehn Jahren - können sie wieder mit dem, was ihre Kernkompetenz ist, Geld verdienen - nämlich mit Kreditvergabe."

Hintergrund: EZB erhöht Leitzins auf 3,5 Prozent

Trotz der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor hebt die EZB den Leitzins im Euroraum weiter an. Der Rat der Zentralbank beschloss, ihn um weitere 0,5 Punkte auf 3,5 Prozent zu erhöhen. Es war die sechste Zinserhöhung in Folge. "Wir sind entschlossen, die Inflation zu bekämpfen. Das sollte nicht angezweifelt werden", sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag in Frankfurt. "Es gibt keinen Zielkonflikt zwischen Preisstabilität und finanzieller Stabilität."

Der Kollaps mehrerer kleinerer US-Banken und Sorgen um die Schweizer Großbank Credit Suisse hatten Erinnerungen an die weltweite Finanzkrise infolge der Pleite der Lehman-Bank vor rund 15 Jahren geweckt. "Der Bankensektor ist viel, viel stärker als 2008", betonte Lagarde. Der Sektor sei widerstandsfähig, Kapital- und Liquiditätspositionen seien solide. Die EZB verfüge zudem über alle geldpolitischen Instrumente, um das Finanzsystem des Euroraums wenn erforderlich mit Liquiditätshilfen zu unterstützen.

Für die Zukunft legte sich die Notenbank nicht fest. Weitere Entscheidungen würden auf der Grundlage von Daten getroffen, betonte Lagarde. - dpa