Symbolbild: Verkehr an der Oberbaumbrücke
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Interview - Verkehrsexperte: "Wer Straßen sät, der erntet Verkehr"

Wie wird die Berliner Verkehrspolitik unter Schwarz-Rot aussehen? Der Verkehrsexperte Weert Canzler sagt: Ein Ende der Ausrichtung auf das Auto ist unausweichlich. Den Ausbau der A100 hält er für kontraproduktiv - stattdessen brauche es mehr Busspuren und ein besseres Fahrradwegenetz.

In welche Richtung geht die Verkehrspolitik in Berlin unter der wahrscheinlichen schwarz-roten Regierung? Die CDU hat sich im Wahlkampf als Anwalt der Autofahrer präsentierte. Der Verkehrsexperte Weert Canzler vom Wissenschaftszentrum Berlin sieht hier eine enge Fixierung auf das Auto. Die Berliner wollten nach seinen Erkenntnissen zwar weiter das Auto nutzen – aber nicht nur.

"Wir brauchen mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer"

In Berlin gebe es seit Jahrzehnten eine Ausrichtung auf das Auto. Dadurch habe das Auto bisher Privilegien, beim fahrenden wie beim ruhenden Verkehr. Das müsse sich ändern, so Canzler: "Wir kommen um eine Umverteilung des Verkehrsraums nicht rum, gerade in der Innenstadt. Was anderes zu behaupten ist einfach naiv." Es brauche mehr Platz für den nichtmotorisierten Verkehr – sprich Fußgänger und Radfahrer. "Und das geht nicht mit einer Beschwörungsformel der 'Gleichberechtigung aller Verkehrsmittel'."

Dass der Ausbau der A100 dabei helfen könnte, hält der Verkehrsexperte für eine Illusion: "Man fährt […] ja nicht im Kreis da rum, sondern man muss ja auf sie rauf und wieder runter. Eine Autobahn – jede Art von zusätzlicher Straßeninfrastruktur - schafft zusätzlichen Straßenverkehr. Wer Straßen sät, der erntet Verkehr – das ist eine ganz alte Erfahrung, die wir immer wieder in allen Situationen machen."

Autobahn-Ausbau? "Wir brauchen eher einen gezielten Rückbau"

Deswegen sei ein Ausbau solch einer leistungsfähigen Infrastruktur genau das Gegenteil dessen, was gebraucht würde: "Wir brauchen eher einen gezielten Rückbau, eine intelligente Verknüpfung der Verkehrsmittel, wir brauchen eine bessere Ausnutzung der vorhandenen Verkehrsmittel."

Statt einer Autobahn brauche Berlin mehr Busspuren, mehr Straßenbahnen, mehr sichere Fahrradwege, sichere Kreuzungssituationen und mehr Platz für Fußgänger, so Canzler.

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