Interview - Hestermann: Justizreform in Israel bedeutet Umsturz des Justizsystems
In Israel gibt es viele Proteste gegen eine Justizreform. Dem israelischen Parlament soll es so ermöglicht werden, Entscheidungen des höchsten Gerichts aufzuheben. Dadurch sei die Gewaltenteilung in Gefahr, sagt Jenny Hestermann von der Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv.
"Die Justizreform ist viel größer als die Immunität Netanjahus", sagt Jenny Hestermann, die das Büro der Heinrich-Böll-Stiftung, parteinahe Stiftung von Bündnis 90/Die Grünen, in Tel Aviv leitet. Zentral gehe es um die Schwächung des Obersten Gerichtshofs und um eine politische Besetzung der Richter.
Außerdem geht es laut Hestermann um die "Override clause", die es dem israelischen Parlament Knesset ermöglichen würde, Gesetze mit einer einfachen Mehrheit zu erlassen. "Die Aufhebung der Gewaltenteilung wäre genau das Ergebnis der Reformpläne, wie sie jetzt auf dem Tisch liegen." Dagegen richten sich die aktuellen Proteste im Land.
Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung: "Aufhebung der Gewaltenteilung wäre Ergebnis der Reformpläne"
Der Kampf zwischen der Rechten und der Linken in Israel schwelt laut Hestermann seit 20 Jahren: "Die Kritik am Obersten Gerichtshof war immer, dass er zu viel Macht habe, politische Entscheidungen zu widerrufen, und dass das undemokratisch sei." Der Oberste Gerichthof galt demnach in der Vergangenheit zu links-liberal. Außerdem habe es an der Berufung der Richter Kritik gegeben.
Schon in der Vergangenheit habe es Reformvorschläge für den Obersten Gerichtshof gegeben. Zu den jetzigen Plänen sagt die Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv: "Jetzt wird diese Reform wirklich zynisch als Reform bezeichnet, weil es jetzt tatsächlich ein kompletter Umsturz des Justizsystems wäre."