Die NATO-Verteidigungsminister in Brüssel
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Interview - Militärexperte Richter: Ukraine wird abhängiger von westlichen Lieferungen

Wie kann die NATO der Ukraine helfen? Zwei Aufgaben sind zu bewältigen, erklärt Wolfgang Richter, Militärexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik: die Verteidigungsfähigkeit der NATO zu sichern und die Ukraine ausreichend zu unterstützen.

Die Ukraine verbraucht viel Kriegsmaterial, schätzungsweise bis zu 7000 Artilleriegranaten pro Tag. Kann die Rüstungsindustrie die Nachfrage überhaupt bedienen? Wolfgang Richter, Militärexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik gibt zu bedenken, dass die westliche Industrie bisher nicht auf Kriegsproduktion eingestellt sei. Auch sei die ukrainische Wirtschaft durch den Krieg dezimiert. Wenn die Ukraine westliche Systeme erhält, mache sie sich auch abhängig von Nachschub. Hinzu käme, dass auch die Landes- und Bündnisverteidigung in der NATO erfüllt werden müssen, erklärt Richter.

Ukraine auf Westen angewiesen

 

Die Aufgaben werden nicht von alleine gelöst: "Das wird die Industrie nicht aus eigenem Antrieb machen. Da müssen die Regierungen der Industrie Zusicherungen geben, dass sie über lange Sicht auch vemehrte Lieferungen abnehmen", sagt Richter. Der Investitionsbedarf läge für einen 30-Tagesvorrat für einen hochintensiven Krieg bei über 20 Milliarden Euro für die Bundeswehr. "Das ist noch lange nicht beendet, geschweige denn eingeleitet", erklärt der Militärexperte. Erste Weichenstellungen durch die Bundesregierung sieht er aber bereits.

Prioritäten setzen

 

Die Bundeswehr soll mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro gestärkt werden. "Das Erste, was gemacht werden muss, ist die Vollausstattung des deutschen Heeres zu erreichen. Das deutsche Heer hat seine Sollstärke materiell noch nicht erreicht", sagt Richter. In der Diskussion um die Einhaltung des Ziels, zwei Prozent des Bruttosozialprodukts in der NATO für die Verteidigung auszugeben, plädiert Richter dafür, sich nicht an bestimmten Zahlen festzuhalten. Maßstab müsse die Erfüllung miitärischer Fähigkeiten sein. "Das mag mal etwas mehr kosten, mal etwas weniger", so der Militärexperte.