Rettungsteams arbeiten an der Befreiung einer verschütteten Person.
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Interview - Politiker Yeneroğlu: "Bauvorschriften nicht eingehalten"

Durch die schweren Erdbeben sind in der Türkei bis zu eine Million Menschen obdachlos geworden, sagt Oppositionspolitiker Mustafa Yeneroğlu. Derzeit würden Unterkünfte gesucht, die Hilfsbereitschaft der Menschen im ganzen Land sei riesig. Die Politik stehe gerade nicht im Vordergrund, aber klar sei auch: Bauvorschriften würden meist nicht eingehalten.

"Das ganze Land ist aufgewühlt", sagt der deutsch-türkische Politiker Mustafa Yeneroğlu, der für eine Oppositionspartei im Parlament in Ankara sitzt. "Millionen Menschen schlafen nicht, wir sind alle auf den Beinen." Alle, die nicht direkt von den Erdbeben betroffen seien, versuchten zu helfen - mit Hilfsgütern oder Wohnraum für Menschen, die obdachlos geworden ist.

"Wir versuchen, die Menschen aus den Erdbebengebieten rauszuholen - nach Izmir, nach Istanbul, nach Ankara, nach Antalya, nach Mersin", sagt Yeneroğlu. "Die Leute sind unglaublich hilfsbereit. Die stellen alle ihre Wohnungen und Häuser zur Verfügung." Außerdem würden Hotels für Binnenflüchtlinge geräumt. Auch die internationale Hilfe sei groß und sofort da gewesen.

Yeneroğlu: Politik steht jetzt nicht im Vordergrund


Yeneroğlu beschreibt, wie schrecklich die Lage in den Erdbebengebieten ist: "Die Situation ist nach wie vor sehr schlimm. Überall auf den Straßen liegen Tote rum." Viele Geborgene hätten noch nicht bestattet werden können, sagt er. "Und unter den Trümmern liegen noch Zehntausende von Menschen." In einer solchen Situation seien politische Analsysen einfach "nicht das Vordergründige", betont Yeneroğlu.

Dennoch könne er sagen, dass die Türkei politisch tief gespalten ist - und das mache sich auch jetzt bemerkbar, erklärt der Oppositionspolitiker. "Die Bauvorschriften, die da sind und die nicht schlecht sind, werden nicht eingehalten", sagt er. "Das liegt an der Korruption, das liegt an der Gier, das liegt an der verantwortungslosen Haltung von Politikern, von Staatsorganen." Das Ergebnis davon sehe man jetzt leider, so Yeneroğlu.

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