Interview - Wahlforscher Faas: Ganz andere Umstände als 2021
Am Sonntag ist es in Berlin so weit: Die Wiederholungswahl steht an. Wahlforscher Thorsten Faas geht davon aus, dass alles klappt - denn anders als 2021 gebe es keinen Marathon, keine Bundestagswahl und keinen Volksentscheid. Es sei aber mit einer geringeren Wahlbeteiligung zu rechnen.
Die Erwartung, dass die Wahl in Berlin funktioniert, sei viel größer als 2021, sagt Politikwissenschaftler Thorsten Faas. "Zugleich wird es eine hohe Sensibilität für auch kleinste Wahlfehler geben", meint er. "Ich glaube schon, dass wir am Sonntag und auch im Nachgang über viele Vorkommnisse hören werden. Aber in der Gesamtschau gehe ich davon aus und hoffe auch sehr stark, dass wir am Ende sagen: Diesmal war alles deutlich besser."
Er rechne mit einer geringeren Wahlbeteiligung als bei der letzten Wahl, erklärt Faas. "Die Bundestagswahl als Zugpferd fehlt einfach. Daran sieht man auch noch mal sehr schön: Natürlich ist es eine Wiederholungswahl im formalen Sinne. Aber es werden viele, viele Dinge anders sein als 2021." In der Welt sei auch inhaltlich viel passiert in der Zwischenzeit, betont er. "Eigentlich wählen wir da am Sonntag wirklich neu."
Koalitionsbildung völlig offen
Zwar liege die CDU mit Landeschef Kai Wegner derzeit in Umfragen vorn, jedoch werde es bei einem möglichen Wahlsieg mit der Bildung einer Koalition schwierig, macht Faas deutlich. "Wegner braucht eine Mehrheit - letztlich ist es so banal. Und dafür braucht er Partner und die stehen jetzt nicht unbedingt Schlange." Für ein Bündnis mit der FDP werde es allein nicht reichen, für eine Koalition mit den Grünen habe Wegner selbst "eigentlich die Tür fast zugeschlagen".
Die SPD müsse sich ihrerseits fragen, ob es attraktiv sei "Juniorpartner unter der CDU zu sein", erklärt Faas. Die Alternative wäre, einfach so weiterzumachen wie jetzt - "mit einem roten Roten Rathaus". Die Koalitionsbildung sei nicht nur eine Frage von Mathematik, meint der Wahlforscher. "Genau das wird ab Sonntag, 18 Uhr, knallhart verhandelt werden."