Archivbild: Die Sängerin und Rapperin Fattou Diatta im Jahr 2014 in ihrer Wohnung in Berlin-Neukölln.
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Interview - Musikerin Fatou Diatta kämpft gegen weibliche Beschneidung

Es ist internationaler Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung. Die Berliner Musikerin Fattou Diatta alias Sister Fa kämpft gegen die Beschneidung von Mädchen und Frauen, unter anderem im Senegal. Aufgerüttelt habe sie der Tod zweier Mädchen im Alter von rund einem Jahr in ihrem Dorf.

Die Musikerin und gebürtige Senegalesin Fatou Diatta alias Sister Fa setzt sich gegen Beschneidung von Mädchen von Frauen ein. Viele Familien sähen die Praxis weiterhin als Tradition an - sie könne allerdings den Tod bedeuten, sagt Diatta am Internationalen Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung.

Zuerst Unverständnis in ihrer Familie

 

Viele Frauen haben ihr zufolge mit langfristigen Folgen (etwa psychologischer Art) zu kämpfen oder mit Problemen bei der Geburt. Sie selbst habe es aufgerüttelt, als zwei Mädchen von etwa einem Jahr nach einer Beschneidung gestorben seien, so Diatta. In ihrer Familie und in ihrem Dorf sei sie zuerst auf Unverständnis gestoßen.

Projekte in senegalesischen Schulen

 

Inzwischen betreut sie seit dem Jahr 2005 Projekte im Senegal, um sich gegen Genitalverstümmelung einzusetzen - etwa in den Schulen. Ihr sei bewusst: "Ich kann eine starke Frau sein. Ich habe eine Stimme." Wichtig sei es, zu vermitteln, dass es bei dieser Praxis tatsächlich keine religiösen Hintergründe gebe, so Diatta.

Hintergrund

Stichwort: Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen

Mehr als 200 Millionen Frauen und Mädchen weltweit sind an ihren Genitalien verstümmelt. Und weiterhin halten Gemeinschaften in mehr als 30 Ländern an der gefährlichen Praxis fest - mit oft schwerwiegenden gesundheitlichen und psychischen Folgen für die Mädchen und Frauen. Verbreitet ist die Genitalverstümmelung, in unterschiedlichem Ausmaß, in Ägypten, Sudan, 26 Ländern in West- und Ostafrika, sowie in Irak, Jemen, Indonesien und Malaysia.

In den meisten Fällen ist die Genitalverstümmelung Teil des Übergangs vom Mädchen zur Frau, die dann verheiratet werden kann. Viele Eingriffe werden ohne jegliche Betäubung vorgenommen, oft unter unhygienischen Bedingungen. Bei der Beschneidung selbst, die oftmals mit stumpfen, ungereinigten Messern oder anderen Werkzeugen gemacht wird, kann es zu Schockzuständen, starken Blutungen und Infektionen kommen. Immer wieder werden Todesfälle in direkter Folge der Genitalverstümmelung bekannt.

Chronische Schmerzen bis Unfruchtbarkeit

Als Folge der Genitalverstümmelung leiden die Mädchen und Frauen oft lebenslang an chronischen Schmerzen, beispielsweise beim Wasserlassen oder während der Menstruation, oder werden unfruchtbar. Natürliche Geburten sind oft unmöglich oder lebensbedrohlich für Mutter und Kind.

Je schwerer die Verstümmelung, desto schwerwiegender die Folgen. Die WHO unterscheidet vier Typen von Genitalverstümmelung. Sie gehen von der Verletzung der Klitoris-Vorhaut bis zur Entfernung der Klitoris, der inneren Schamlippen sowie der Innenseite der äußeren Schamlippen. Teilweise wird die Vagina danach bis auf eine kleine Öffnung für Urin und Blut zugenäht.

98 Prozent der Frauen in Somalia sind beschnitten

Organisationen weltweit bemühen sich darum, über die gesundheitlichen Folgen aufzuklären und so einen Wandel zu erreichen. Auch wenn die Zahlen in Ländern wie Kenia stetig abnehmen, sind zum Beispiel in Somalia laut den UN noch immer 98 Prozent der Frauen beschnitten.

In den vergangenen Jahren haben Ärzte Operationen entwickelt, mit denen betroffenen Frauen eine teilweise Rekonstruktion des Intimbereichs angeboten werden kann. Doch diese Versorgung ist nur einem Bruchteil der Frauen zugänglich. Und die Traumata bleiben.

(Quelle: epd)