Interview - Kosovo-Experte: EU hat grundlegende Fehler begangen
Im Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo zeichnet sich zumindest leichte Entspannung ab. Die Zuspitzung habe sich über den ganzen Sommer hinweg angedeutet, sagt Konrad Clewing, Kosovo-Experte am Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung.
"Zunächst zeigt sich in dem ganzen Prozedere sehr deutlich, dass die Kosovo-Serben keine eigenständige Vertretung und keine eigenständige Elite haben, die über ihre Maßnahmen entscheiden würde", sagt Clewing über das vom serbischen Präsidenten angekündigte Ende der Straßenblockaden.
Regierung in Serbien gibt laut Clewing den Kurs vor
Demonstranten hatten Blockaden im Nordkosovo errichtet, nachdem ein serbischer Polizist festgenommen worden war. Er soll bei einer Kundgebung Polizeibeamte des Kosovo angegriffen haben.
"Es ist tatsächlich die Regierung in Serbien, die den Kurs vorgibt, auch wenn das dialogisch kaschiert wurde in dem Fall." Der serbische Präsident habe sich als "Bruder und Vater" der Kosovo-Serben präsentiert, sagt Clewing. Die Straßenblockaden gingen auf ihn zurück.
Clewing: EU hat großes Gewicht als Vermittlerin
Die EU sei seit etwa zehn Jahren Vermittlerin in dem Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo, so der Historiker. "Sie hat allerdings einige grundlegende Fehler bislang begangen, die ihr eigenes Gewicht in dem Dialog beeinträchtigen." Dieses Gewicht sei an sich groß, weil beide Staaten der EU beitreten wollen und die Geldzahlungen auf dem Weg dorthin gut gebrauchen könnten.
Die EU habe sich selbst aber eines wesentlichen Instruments beraubt, indem sie gesagt habe, sie moderiere "statusneutral", weil fünf EU-Staaten die Unabhängigkeit des Kosovos nicht anerkennen. Das habe Serbien die Option offen gelassen, inwieweit es sich mit der Existenz Kosovos abfindet. "Und das hat es bis jetzt eben überhaupt nicht getan", so Clewing.