Interview - KZ-Gedenkstättenleiterin Ley: Urteil wird der Schwere der Tat gerecht
Das Landgericht Neuruppin hat den 101-jährigen Josef S. wegen seiner Arbeit als Wachmann im KZ Sachsenhausen zu fünf Jahren Haft verurteilt. Die stellvertretende Leiterin der Gedenkstätte Sachsenhausen, Astrid Ley, sieht das Urteil als wichtiges Signal für die Opfer und deren Angehörige.
Wegen Beihilfe zum Mord in 3500 Fällen haben die Richter des Landesgerichts Neuruppin den ehemaligen KZ-Wachmann Josef S. zu fünf Jahren Haft verurteilt. Mit dem Strafmaß folgten die Richter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Bei der Urteilsverkündung dabei, war auch die stellvertretende Leiterin der Gedenkstätte Sachsenhausen, Astrid Ley.
"Ich bin zufrieden mit dem Urteil, weil es klar die Schuld von Josef S. feststellt und die Bemessung der Strafe der Schwere seiner Tat gerecht wird", sagt die stellvertretende Gedenkstättenleiterin. Vor allem freut sich Ley für die überlebenden Opfer und ihre Angehörigen, für die das Urteil ein wichtiges Signal sei, "dass das als Unrecht gesehen, bewertet und auch beurteilt wird."
Nähe zu mehreren großen Mordaktionen
Josef S. hatte während des gesamten Prozesses bestritten jemals Wachmann im Konzentrationslager Sachsenhausen gewesen zu sein. Über die Motive für diese Leugnung könne man nur mutmaßen. Dass sich Josef S. tatsächlich nicht an die drei Jahre als KZ-Wachmann erinnere, habe ein Gerontologe jedoch während des Prozesses ausgeschlossen, sagt Ley. Die Verdrängung von Schuld oder der Versuch ein besseres Urteil zu erhalten, seien andere mögliche Motive für S. Leugnung.
Obwohl Josef S. keine einzelnen Taten nachgewiesen werden konnten, habe es während seiner Tätigkeit als Wachmann im KZ Sachsenhausen mehrere große Mordaktionen gegeben, die er durch seine Wachtätigkeit ermöglicht hat und auch mitverfolgen konnte, erklärt Ley. Das Gericht habe auch noch einmal betont, dass S. als Wachmann durch seine Nähe zu den Mordaktionen eine besondere Schuld trage. Trotz des Richterspruchs ist seine Verurteilung jedoch noch nicht rechtskräftig, da der Verurteilte nach Aussage seines Anwalts in Revision gehen will.