Krieg in der Ukraine - ORF-Reporter: Putin braucht Einnahme Kiews als Erfolgserlebnis

Der österreichische Fernsehreporter Christian Wehrschütz berichtet seit Tagen aus der Ukraine. Er erwartet in Kürze den Sturm auf die Hauptstadt Kiew und fragt sich, welchen militärischen Sinn die Angriffe haben - wenn nicht die Zerschlagung der Ukraine.

Die Kämpfe in der Ukraine gehen weiter. Auch die Hauptstadt Kiew wird immer wieder angegriffen. Die Menschen flüchten sich in die U-Bahnstationen. Bis Mittwoch hat Christian Wehrschütz, Reporter des Österreichischen Fernsehens, von dort berichtet. Jetzt ist er in Bila Zerkwa circa 80 Kilometer südlich von Kiew. "Wenn wirklich der Großangriff einsetzt und die Russen die Infrastruktur zerstören, wir nicht mehr berichten können, weil es keinen Strom oder kein Internet mehr gibt, dann ist es sinnlos, dort zu bleiben", sagt Wehrschütz.

Er rechnet damit, dass Kiew ein ähnliches Szenario droht wie der Großstadt Charkiw, die massiv beschossen und zerstört worden ist: "Putin braucht ein symbolisches Erfolgserlebnis in diesem Krieg mit den vielen Toten, die die Russen schon haben. Und das kann heute nurmehr in der Einnahme von Charkiw, beziehungsweise Kiew sein."

"Ich verstehe die militärische Zielsetzung nicht"

In Kiew selbst haben die meisten Geschäfte geschlossen, vor den wenigen, die noch etwas anbieten, bilden sich lange Schlangen, berichtet Wehrschütz. Leute suchten einen Platz im Zug oder fragten, ob er sie mitnehmen könne. "Das ist ein Gefühl nach dem Motto: Vor dem Sturm".

Was Wehrschütz am meisten beschäftige, sei die Sinnlosigkeit der Angriffe: "Charkiw ist das Paradebeispiel. […] Das ist eine russischsprachige Stadt. Wie soll da ein normales Leben entstehen, selbst wenn die Russen das gewinnen? Ich verstehe die militärische Zielsetzung hinter all dem nicht – außer es geht nur um die Zerstörung oder Zerschlagung der Ukraine."