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- Psychologin: "Man muss nicht immer bis zum Letzten kämpfen"

Bei den Olympischen Spielen in Tokio hat die US-amerikanische Top-Turnerin Simone Biles überrascht: Sie hat sich wegen psychischen Problemen aus dem Wettbewerb zurückgezogen. "Eine sehr mutige Aktion", sagt Marion Sulprizio, Diplom-Psychologin an der Sporthochschule Köln.

"Wenn man sich fünf Jahre auf so einen Wettkampf vorbereitet hat, dann gibt man wahrscheinlich auch nicht mal einfach eben so auf", so die Psychologin. "Da sind bestimmt ganz gravierende Gedanken und Prozesse in ihr vorgegangen, um diesen Schritt dann tatsächlich zu gehen."

Man müsse aber differenzieren, sagt Sulprizio. "Wenn jemand tatsächlich eine Diagnose wie Depressionen hat, dann ist das eine psychische Erkrankung." Das sei bei Biles bisher nicht bekannt. Vielleicht seien es bei ihr auch der übermäßige Druck oder Stress - "vielleicht auch das Gesamtpaket, das der Athlet in seinem Kopf hat, das heißt zum Beispiel auch private Probleme oder körperliche Beschwerden".

"Athleten werden heroisiert - diese Welt bröckelt jetzt"


Grundsätzlich kann man laut Sulprizio eine Veränderung im Sport erkennen: "Man hat in vermehrten Situationen gesehen, dass man nicht immer bis zum Letzten kämpfen muss, sondern dass man vielleicht auch auf sich selbst hören und Rücksicht nehmen muss", so die Psychologin.

"In der Gesellschaft sind wir gewohnt, dass die Athleten starke Helden sind", erklärt Sulprizio weiter. "Sie sind mental stark, sie sind körperlich fit." Die Sportlerinnen und Sportler würden heroisiert - doch diese Welt bröckele jetzt. "Ich glaube, dass da jetzt einfach die Spitze des Eisbergs ein bisschen zu sehen ist", so die Psychologin. Bei Athleten würden sich auch viele psychische Probleme und psychisches Leid finden - allerdings nicht unbedingt mehr als beim Rest der Bevölkerung.

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