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Unser Berlinale-Reporter Harald Asel ist versöhnt. Bislang fiel seine Bilanz des Filmfestivals eher nüchtern aus, doch jetzt hat er einen Wettbewerbsfilm gesehen, der seinen Eindruck deutlich aufpoliert hat: "Eine Geschichte von drei Schwestern" von Emin Alper.
Dieser Film hat mich mit dem bislang eher mittel temperierten Wettbewerb versöhnt. Es geht also doch: im spezifischen Gewand einer Region universell gültige Geschichten zu erzählen. "Kiz Kardesler" von Emin Alper führt uns in ein einsames Dorf im schroffen Bergland Anatoliens, wo fast nur noch Alte leben. Und zu den Sehnsüchten dreier junger Schwestern von einem gelingenden Leben.
Schon die verstorbene Mutter wollte in die Welt hinaus, aber auch den dreien scheint es jetzt wieder nicht zu gelingen. Die Älteste musste einen einfältigen Hirten heiraten, als sie mit einem Säugling aus der Stadt zurückkehrte, da war sie bei einem Arzt Kindermädchen. Die Mittlere hat ebendort gerade ihre Stellung verloren, weil sie ein Kind geschlagen hat. Und auch die Jüngste ist wieder da beim überforderten Vater, der seine Töchter liebt, aber eher ruppig.
Eine Erzählung wie ein altes Märchen
Es ändert sich viel an diesem einen Sommertag, wenn die Männer
mit dem Arzt aus der Stadt die Zeit verschwatzen, der mit eingeladene
Hirte den Raki nicht verträgt und ausfallend wird, während die
Schwestern einander sticheln, wenn sie den Ayran, das Joghurtgetränk, in
einem großen Holzfass zubereiten. Sie vertragen sich bald wieder, denn
sie brauchen einander. Aber ein Unfall wirft sie aus der Bahn.
Und dann
ist Winter. Was sich nicht ändert: Männer graben in einer aufgegebenen
Kohlemine nach Brennstoff und eine seltsame Frau macht immer wieder
Purzelbäume. Hier am Ende der Welt haben Alltag, Demütigungen und
Schicksalsschläge die Menschen hart gemacht. Doch es braucht nur wenig,
damit wir unter der Oberfläche ihre Verletzbarkeit erkennen können. Eine
Erzählung wie ein altes Märchen mit eindrücklichen Figuren, sparsamen
Dialogen, ohne Sentimentalität, das Ganze vor einschüchternder Kulisse
der sich nicht um die Menschen kümmernden Bergwelt. Eingefangen von
einer Regie ohne Mätzchen, die diese Menschen so würdevoll behandelt,
als wären sie Berühmtheiten oder Figuren der Weltliteratur. Was sie
vielleicht auch sind. Ein großes Drama in einer engen Welt: „Eine
Geschichte von drei Schwestern“ von Emin Alper.