Di, 20.02.2018 - Berlinale-Wettbewerb: Ang Panahon ng Halimaw

Lav Diaz bezeichnet seinen Film "Ang Panahon ng Halimaw" (In Zeiten des Teufels) als philippinische Rockoper. Die von ihm selbst geschriebenen Liedtexte greifen die düstere Stimmung während der Marcos-Diktatur auf und klagen die Verhältnisse an. Sie erzählen von einem Leid, dessen Ungeheuerlichkeit sich nicht in Bilder fassen lässt - und auch nicht in gängiger Filmlänge. Harals Asel hat sich den eindrücklichen Vier-Stunden-Film angesehen.

"Ich geh da mal für eine Stunde rein und dann mach ich was anderes", dieser Satz eines professionellen Besuchers am Montag in der langen Schlange zum Kino zeugt von einem Missverständnis.

Lav Diaz' Filme sind nicht deshalb so lang, weil er sich nicht kurz fassen kann, sondern weil seine Geschichten sich nicht kurz fassen lassen.

Wer sich nicht allmählich auf seine strenge, weit ausschwingende Bildsprache einlassen kann, der ist rasch verloren und kommt nie wieder zurück. Diesmal besonders, denn anders als beim Achtstünder vor zwei Jahren kommt das Irreale nicht aus den Bildern - die sind eigentlich ganz nüchtern -, sondern vom Text. Der wird in einem Parlando, einem Sprechgesang vorgetragen, es sind gedichtartige Zeilen, die die Stimmung von Verzweiflung, von Angst, von Verdruss, aber auch von der Überlegenheit der Mächtigen einfangen. Und die wie bei einem Ritual auf wenigen Tönen gesungen werden. In Tangalog, einer Sprache auf den Philippinen. Schade, dass die Untertitel ohne Noten dastehen. Und wenn die Truppe der Paramilitärs ihre Opfer verhöhnt, sie zum Mitsingen auf lalala zwingt, dann lesen wir brav die Untertitel mit: lalala. Auch eine Form Trance zu erzeugen, zusammen mit diesem unübersichtlichen Regenwald, aus dem plötzlich heraus getötet wird.

In der Großstadt blendet uns ein in die Kamera leuchtendes Auto, während schemenhaft sichtbar eine der Hauptfiguren, der Dichter Hugo Haniway zusammengeschlagen wird.

Lav Diaz führt uns diesmal in das Jahr 1979, als der Staat gegen Kommunisten und Separatisten mit einer Strategie des Terrors gegen die Zivilbevölkerung antwortete. Streng ist die Bildsprache des Films, die Kamera sucht einen festen Ausschnitt in Landschaft oder Innenraum, die Figuren treten wie in Kulissen auf und wieder ab. So bleibt Raum für Trauer und Schmerz. Das dauert. Denn "Ang Panahon ng Halimaw - In Zeiten des Teufels" ist vor allem eines: Epitaph für die damals unschuldig Ermordeten. Zu der auch Lorena gehört, die unerschrockene Ärztin, Frau des Haniway, die sich abseits der geteerten Straßen im Ort Ginto niederlässt, bedroht wird, vergewaltigt, ermordet.

Lav Diaz zeigt die Gewalt nie direkt, aber immer das, was sie mit den Menschen macht. Wie etwa die Dorfgemeinschaft zerfällt. Auch wie Haniway selbst den Entscheidungen ausweichen will, Kummer in Alkohol ertränkt, sich aber dann doch aufmacht, seine Frau zu suchen. Auf dem Weg dahin - etwa in der Mitte des Films - erzählt ein Geist, eine innere Stimme, jedenfalls eine real hier sitzende Person, die Geschichte jener Frau, die man im Hintergrund am Fenster sitzen sieht. Erst wurde ihr Mann verschleppt, dann der Sohn, der als Schüler auf Demonstrationen ging. Sie hat den Verstand verloren, wartet am Fenster und ruft ihren Porfino. Eine große Szene fast ohne Bewegung.

Der Gesang der Unterdrückten ist immer melodisch vielfältiger als die stets wiederkehrenden Aussagen der Paramilitärs. "Am Ende ist das Einzige, was Du erinnerst, ein gebeugtes Gesicht. Und die Hoffnung meines Herzens, das einzige, was ich umarmen kann". Der Film geht bis zu jenem Punkt, an dem Hugo diese Hoffnung verloren hat, die verbrannte Hütte im Hintergrund, die Schergen in der Nähe, die Pistole in der Hand. Die Leinwand wird schwarz. Der Weg dahin ist lang. Und deshalb braucht es die vier Stunden, eine reicht nicht.

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Berlinale Palast mit Lichteffekten
imago/STPP

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