Ihr Thema: Zankapfel Wohnungsbau - In der Innenstadt wird es immer dichter
Berlin braucht Wohnraum, deswegen ist beispielsweise an der Krautstraße in Friedrichshain Nachverdichtung geplant. Doch Anwohner wie Gisela Wendrock wehren sich. Inforadio und die Abendschau haben ihr die Möglichkeit gegeben, mit der Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek über das Problem zu diskutieren.
Berlin wächst – und damit auch der Bedarf an Wohnraum. Bezahlbar soll er sein und möglichst zentral. Doch wie ist das zu bewerkstelligen? Eine Möglichkeit ist die sogenannte Nachverdichtung: Dafür werden ungenutzte Potenziale in bereits bebauten Gebieten herangezogen. So plant es beispielsweise die Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM): Sie will in der Gegend rund um den Strausberger Platz in Friedrichshain 20 neue Wohnhäuser bauen. Dafür müssten jedoch grüne Inseln zwischen den bestehenden Häusern weichen.
"Wir wollen Mitspracherecht"
Für viele Anwohnerinnen und Anwohner würde das einen massiven Einschnitt bedeuten: Wo jetzt kleinere Grünflächen zwischen den Häusern liegen, würden bald zehnstöckige Bauten Sicht und Sonne nehmen. Außerdem seien wertvolle Baum- und Vogelbestände bedroht. Völlig offen ist zudem die Frage der Infrastruktur: Mehrere Hundert neue Wohnungen bedeutet mehrere Hundert neue Anwohner. Die benötigen Parkplätze, Kita-Plätze und noch so einiges mehr.
Die 75jährige Gisela Wendrock, die seit 1984 in der Krautstraße wohnt, fürchtet wie viele Anwohner, dass ihre grüne, funktionierende Wohngegend zerstört wird. Deswegen engagiert sie sich im "Aktionsbündnis Lebenswertes Wohnen in Friedrichshain-West". In der Diskussionsrunde formuliert sie zunächst ihre Befürchtungen: "Die Räume zwischen unseren Häusern sind dafür da, damit genügend Sonne und Luft da ist." Besonders auf die Palme bringt die Rentnerin, dass die Anwohner aus der Zeitung von den Plänen erfahren haben. Zu einem Zeitpunkt, wo eine Einflussnahme kaum noch möglich ist. "Wir wissen alle, dass Wohnungen gebraucht werden. Wir fordern ganz einfach Mitsprache."
Antje Kapek: "Verdichten - ja! Nur wie, ist die Frage"
Auch im Wahlprogramm der Grünen wird die Nachverdichtung als probates Mittel gegen die Wohnungsnot aufgeführt. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende und Stadtentwicklungsexpertin Antje Kapek kann die Wut der Anwohner aber gut verstehen: "Man kann hier verdichten. Die Frage ist nur, wie man es macht: Nach qualitativen Kriterien, die wir gemeinsam bestimmen und beschließen müssen. Das wird hier verweigert – und das geht nicht!"
Auch Stadtentwicklungsexpertin Stephanie Bock vom Deutschen Institut für Urbanistik steht mit am Diskussionstisch und sie hört hier KIagen, die sie schon oft gehört hat: "Hier gibt es ein Kommunikationsproblem zwischen denen, die Planungen vorhaben, und denen, die hier leben und Angst davor haben, was sich in ihrer Umgebung bewegt. Wir müssen darüber diskutieren, was es heißt, Bürger frühzeitig mitzunehmen und frühzeitige Bürgerbeteiligung anzufangen."
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"Weiter im Gespräch bleiben"
Doch auch jetzt, wo die Bürger mit am Tisch sitzen, wird auf sie nicht richtig eingegangen, sagt Gisela Wendrock: "Alle, die hier wohnen, haben Ideen. Das wird nicht ernst genommen." Grünen-Politikerin Antje Kapek gibt ihr Recht, oft sei Bürgerbeteiligung bloße Information. Das müsse sich ändern. Deswegen verspricht sie den Bürgerinnen und Bürgern, dass sich künftig mehr Zeit für solche Projekte genommen würde, damit man ordentliche Verfahren bekomme.
So richtig überzeugt war Gisela Wendrock nicht, die Antworten von Antje Kapek waren ihr schlicht zu allgemein. Sie wünscht sich von Politikern, dass sie sich in die Themen vertiefen. Expertin Stephanie Bock macht den Anwohnern wenig Hoffnung, dass sich an ihrer Situation noch was ändern lässt. Dennoch empfiehlt sie, immer weiter im Gespräch zu bleiben und nicht aufzugeben.