Filmproduzent Nico Hofmann (Bild: rbb/Freiberg)
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10 Ideen - Das braucht Deutschland - Idee 1: Filmproduzent Nico Hofmann

Wie haben unsere Mütter, unsere Väter während des Weltkriegs gehandelt und gelitten? Diese Frage stellte vor ein paar Jahren ein - auch im Ausland - sehr beachteter Fernseh-Dreiteiler. Produzent Nico Hofmann hat damit ein großes deutsches Thema an ein Millionen-Publikum gebracht. So wie das der UFA-Chef auch mit vielen anderen zeitgeschichtlichen Stoffen gemacht hat: Ob vom Holocaust, von Flucht oder Terror erzählt wurde oder die Dresdener DDR-Saga "Der Turm".  Hofmann zeigt Gespür für das kollektive Gedächtnis der Deutschen. Und er nimmt öffentlich Stellung.

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Christian Wildt: Wir haben ja auch Entscheidungen getroffen. Sie haben Frau Merkel erwähnt. Die hat eine Entscheidung getroffen vor 1 ½ Jahren, nämlich das Land zu öffnen und zu sagen: Da, wo es jetzt humanitär gegeben ist, werden Flüchtlinge ins Land gelassen. Es sind dann sehr viele Hunderttausend geworden. Vielleicht jetzt über die ganze Zeit gerechnet doch eben mehr als eine Million Menschen. Also insofern hat Deutschland ja auch selber gehandelt und genau das wird stark angegriffen und bezweifelt. Es sind nicht alle damit einverstanden, vielleicht sogar die Mehrheit, die mal einverstanden war mit dieser Politik, ist jetzt nicht mehr einverstanden. Also wir können uns da doch nicht rausnehmen.

Nico Hofmann: Ich habe mich immer dezidiert hinter die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel gestellt. Ich will auch mal sagen, warum: Das Momentum, als das damals passiert ist, hat gar keine andere Wahl offengelassen. Das Momentum dieser zwei, drei Wochen, wo wir quasi hunderttausende Menschen vor der Tür stehen hatten, wäre nicht anders bewältigbar gewesen, außer wie Victor Orban zu sagen: Wir bauen jetzt eine Mauer und stellen irgendwie die Bundeswehr an die Grenze, was Frau Petry gefordert hat. Das ist keine Art und Weise, humanistisch mit der Problematik umzugehen. Und ich finde auch, dass die Politik der Monate danach sehr, sehr bewusst, ob sie die Flüchtlingspolitik im weiteren Verlauf nehmen, politischen Umgang mit Flüchtlingen, das wirkliche Bemühen aller Deutschen, diese Menschen zu integrieren: Das ist eine spürbare politische Energie gewesen bis zum heutigen Tag, die übrigens sehr erfolgreich war. Wir leben in einer Welt, die nicht mehr abschottbar ist. Das ist ja das, was mich auch an Trump so tief irritiert, also der Gedanke, zu sagen: Wir leben auf einer Insel der Glückseligen in Amerika und machen die Schotten dicht und es wird uns dann dabei gut gehen, wobei man wissen muss, dass die Mehrzahl der Amerikaner überhaupt nicht ins Ausland reist. Also über die Hälfte, noch mehr, hat gar keinen Pass und geht aus dem Land gar nicht raus, das heißt es gibt gar keine Empfindsamkeit für die Befindlichkeit der Welt. Ich bin jemand der jeden Tag reist. Ich würde für mich in Anspruch nehmen, so ziemlich überall auf der Welt. Ich sehe die sozialen Nöte der Menschen und auch, wir haben viel in Afrika gedreht, ich sehe die Veränderung, übrigens auch die positive Veränderung. Sie müssen wirklich die Haltung haben: Wir sind gemeinschaftlich verantwortlich für die Art und Weise, wie wir leben. Und das ist nicht mehr beziehbar auf ein einzelnes Land. Also wer denkt er könnte es, das ist AfD-Politik, zu sagen:  Deutschland den Deutschen und wir bleiben hier schön unter uns und machen die Schotten dicht. Das ist wirkliche schiere Utopie. Auch für Amerika.

Christian Wildt: Und die Gefahren?

Nico Hofmann: Nehmen sie den Fall Amri. Ich bin der Meinung, dass Amri so oder so in dieses Land gekommen wäre, ob er Flüchtling gewesen wäre oder nicht. Ich bin der Meinung, wenn er reinkommen hätte wollen, wäre er reingekommen. An diese einfache Verkettung, zu sagen: Mehr Flüchtlinge im Land, mehr Terrorismus im Land - daran glaube ich nicht.

Nico Hofmann, deutscher Regisseur, Filmproduzent, Drehbuchautor im Inforadio-Studio mit Christian Wildt (Bild: Dieter Freiberg)
Filmproduzent Nico Hofmann im Gespräch mit Inforadio-Redakteur Christian Wildt (Bild: rbb/Freiberg)Bild: Klaus Dieter Freiberg

Christian Wildt: Und die Frage nach der Veränderung der Welt im globalen Sinne, dass wir eigentlich immer weniger Kontrolle haben, immer weniger Übersicht - vielleicht ein bisschen vorsichtiger gesagt - über das, was wirtschaftlich passiert, was unsere persönliche Zukunft betrifft. Wer nimmt da Einfluss? Gibt es noch die Arbeitsplätze? Nimmt mir die Digitalisierung meinen Arbeitsplatz womöglich schneller weg, als ich es mir vorstelle?

Nico Hofmann
: Naja, sie fragen jetzt jemanden zu einem Zeitpunkt, wo es den Deutschen so gut geht, wie seit 20 Jahren nicht mehr. Also wir leben in einer unglaublich stabilen Demokratie. Wir leben in einem Land, das wirtschaftlich hervorragend funktioniert. Das hat wiederum auch zu tun mit unserem eigenen Verantwortungsgefühl, wie wir miteinander leben wollen. Meine Studenten mit 23 Jahren leben in einer weltoffenen Gesellschaft. Die bewegen sich von Ludwigsburg über Kuba nach Miami nach El Salvador. Es gibt keine Grenzen mehr. Junge Menschen wachsen mittlerweile in einer Weltgemeinschaft auf und die agieren auch so,  wirtschaftlich. Meine Studenten beschäftigen sich damit, ob sie Arbeitsplätze in England, in Amerika, in Indien kriegen und sorgen sich nicht unbedingt, ob sie ihre Arbeitsstelle jetzt ausschließlich nur in Deutschland haben.

Christian Wildt: Aber was ist denn mit den Menschen, die sich das nicht so aussuchen können? Wie kann man die mitnehmen auf diesem Prozess, ohne dass sie zu misstrauisch werden? Kann man das miteinander verbinden?

Nico Hofmann
: Das ist ein ganz klarer Gedanke. Die Arbeitsplätze in diesem Land sind umso stabiler, wie wir uns wirklich innerhalb einer Weltgemeinschaft bewegen. Das ist einfach so. Wir sind eine Exportnation. Wir können gar nicht anders, als zu sagen: Wir kümmern uns auch um die Befindlichkeit dieser Welt. Wir können nicht sagen: Wir produzieren nur für uns selbst. Würde hier niemals aufgehen. Entsprechend ist auch die Verantwortung, mit der Welt und den Geschicken dieser Welt umzugehen. Das klingt jetzt sehr pathetisch, aber: Wenn Angela Merkel beispielweise sehr viel stärker als jemals zuvor im letzten Jahr auf Entwicklungspolitik in Afrika setzt, tut sie das zurecht, weil es gibt Länder, die diese Dynamik möglicherweise vor sich haben und die unsere Unterstützung brauchen. Das gilt übrigens auch für den Irak. Das gilt auch für den Iran. Alle diese Möglichkeiten in Ländern, ich nehme jetzt mal Afrika, die an der Schwelle zur Demokratisierung stehen, viel stärker als es jetzt die letzten zehn Jahre möglich war. Wir haben nach wie vor Korruption ohne Ende in Südafrika. Aber alles was dieser Weltgemeinschaft hilft, anders miteinander zu arbeiten, anders miteinander umzugehen, stützt auch schlussendlich die Arbeitsplätze hier im Land. Ja, das ist ganz simpel, weil wir leben von dieser Weltgemeinschaft und wir leben von der Exportfähigkeit. Nicht nur die Europäische Union. Und das ist jetzt ja genau der Unterschied, den ich machen will, zu Trump, der der Meinung ist, wir machen das alles alleine. Das ist eine Egozentrik-Haltung, übrigens auch der AfD, zu sagen: Deutschland gehört den Deutschen, wofür brauchen wir Flüchtlinge, wofür brauchen wir überhaupt Leute aus dem Ausland, wir sind doch alle toll genug. Schauen Sie sich Firmen wie Apple und Google an, schauen Sie sich diese ganzen Entwicklungen in Amerika in der Technologieindustrie an. Es sind mehrheitlich Menschen aus anderen Ländern, die diese Technologiekonzerne nach vorne bringen, aus Indien, aus der ganzen Welt. Das ist eine philosophische Haltung, wie wir mit der Welt umgehen wollen und da finde ich die Egozentrik-Haltung von Trump eine Haltung, die ich weder moralisch noch mental in irgendeiner Weise teile.

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3 Kommentare

  1. 3.



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  2. 2.

    "...wo es den Deutschen so gut geht, wie seit 20 Jahren nicht mehr."
    Phrasen, Phasen. Wer soll das sein, wen meint er, wenn er hier über DIE DEUTSCHEN spricht? - Wenn ich durch die Straßen der Stadt gehe, begegne ich vielen Menschen aller Nationalitäten, allen Alters. Wer unter diesen diejenigen sind, von denen Herr Hofmann spricht, ich weiß es nicht.
    Mir auffällig, jährlich werden es mehr, die betteln, die in Abfällen nach noch Brauchbarem suchen, deren Geld nicht bis Ultimo reicht.

  3. 1.

    Die BRD hat offensichtlich ein gestörtes Verhältnis zur Nation. Andernorts wird der Helden und Sternstunden gedacht, bei uns der Katastrophen und Niederlagen. Und so erfahren unsere Kinder vom Kaiserreich nur WK I und „Völkermord“ an den Hereros, von der DDR nur Diktatur, Mauer, Stasi, Umweltzerstörung - alles nur Schimpf und Schande. Das Staatsvolk der BRD sind einfach „Menschen“, die länger oder kürzer hier weilen. Aber ohne Nationalbewusstsein wird keiner SEIN Land schützen und erhalten.

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10 Ideen - Das braucht Deutschland (Bild: rbb/Freiberg/Grischek)
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10 Ideen - Das braucht Deutschland

Zehn kluge Köpfe beziehen im Inforadio Stellung zur gesellschaftlichen Lage. Künstler, Publizisten und Wissenschaftler wie Anna Thalbach, Ulrich Wickert, Nico Hofmann, Smudo, Klaus Töpfer oder Sineb El Masrar formulieren ihren persönlichen Standpunkt: Was braucht Deutschland? Offenheit oder Abgrenzung, Miteinander oder Konfrontation? Das Ziel: Eigene Ideen formulieren, statt sichauf gängige Parolen zu verlassen. Hier auf inforadio.de können Sie alle Interviews nachhören, nachlesen und kommentieren!