Klaus Töpfer, ehemaliger Bundesumweltminister (BIld: rbb/Freiberg)
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10 Ideen - Das braucht Deutschland - Idee 5: Umweltexperte Klaus Töpfer

Professor Klaus Töpfer ist so etwas wie "Mister Nachhaltigkeit", auf jeden Fall hat er Nachhaltigkeit zu seinem Lebensthema gemacht. Ob als deutscher Minister im Umweltressort, im Bauressort oder als Chef des Umweltprogramms der Vereinten Nationen. Bis heute arbeitet er als Berater der Bundesregierung am Atomausstieg und am Einstieg in die nachhaltige Energiewirtschaft.

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Zitat

Bei Gibraltar können Sie keine Mauern bauen! Ganz davon abgesehen, dass sich jede Mauer bisher als Verschlimmerung und nicht als Lösung von Problemen ergeben hat."

Christian Wildt: Klaus Töpfer, herzlich Willkommen.

Klaus Töpfer: Herzlichen Dank für die Einladung.

Christian Wildt: Sie haben sich gerade mit 78 Jahren noch einmal in Verantwortung nehmen lassen. Sie haben den Vorsitz des nationalen Begleitgremiums für die Suche nach einem Atomendlager übernommen. Das klingt nach harter Arbeit, das klingt nach vielen Fakten, aber ich frage einmal von der anderen Seite. Es wird gerade im Moment große Politik gemacht, jenseits des Atlantiks, nicht mit viel Arbeit und harten Fakten, sondern man hat das Gefühl mit 140 Zeichen wird zum Beispiel der Klimawandel oder eine neue Klimapolitik als vielleicht nicht so wichtig, als nebensächlich erklärt. Wie gelassen nehmen Sie das?

Klaus Töpfer: Das kann man nicht gelassen nehmen. Das kann man mit Sorge verfolgen und bemüht sein, es zu Hause besser zu machen. Und deswegen machen wir ja diese Arbeit über alle Parteigrenzen hinweg. Das ist ja das großartige Zwischenergebnis, das erreicht werden konnte. Es gibt eine von allen Parteien getragene Initiative. Wir müssen uns in die Verantwortung nehmen lassen für das, was wir in der Vergangenheit mit angerichtet haben. Wir haben alle Kernenergie genutzt und da ist hoch radioaktiver Abfall entstanden. Wir haben beschlossen, auf die Kernenergie in Zukunft zu verzichten. Das ist eine gute, eine richtige Entscheidung, aber dann muss man die auch zurück bauen und dann werden wir diese Probleme mit Abfallstoffen nicht einfach kommenden Generationen überlassen oder gar diese exportieren. Das ist ja für den einen oder anderen auch ganz interessant.

Christian Wildt: Sie nehmen Bürger mit rein, in welcher Form denn?

Klaus Töpfer: Ja, es ist zum ersten Mal glaube ich überhaupt, dass eine solche Gruppe, ich sage nicht mal Kommission, so eine Gruppe, nicht nur Bürgerinnen und Bürger, die gewisse Bekanntheit haben, die Vertrauen haben, umfasst, sondern wir haben auch sogenannte "Zufallsbürger" da drin, die mehr oder weniger durch ein zufälliges Verfahren ausgewählt wurden. Am Ende werden wir 18 sein insgesamt, sechs davon, also immerhin ein Drittel, sind solche Zufallsbürger, sodass wir gar nicht in die Gefahr kommen, dass wir uns wieder in der Sprache wiederfinden, die niemand draußen versteht - ein wirkliches Problem  von Politik, aber auch von Wissenschaft - sondern dass wir uns bemühen müssen von allem Anfang an mit den Bürgern so zu reden, dass sie wissen, um was es geht, was es ist und dass ihre Meinung nicht nur ernst genommen wird, dass sie nicht Objekt der Entscheidung sind, sondern Subjekt der Entscheidung.

Christian Wildt: Ich möchte noch einmal auf Politikstile zurückkommen. Mühsam, einen Stoff zu erarbeiten, mit viel Fakten, mit viel Lernen erstmal, sich einarbeiten, das ist das Eine. Und dann hat man das Gefühl, erfolgreicher kann noch die Schnelligkeit sein. Da hat der neue amerikanische Präsident innerhalb einer Woche mit einigen Federstrichen sehr viel verändert, manche sagen zerstört, was Andere vor ihm in Jahren aufgebaut haben. Ist Schnelligkeit erfolgreicher als die Mühe der Ebene?

Klaus Töpfer: Ja, ich glaube die Verlockung so zu verfahren ist groß, dass man die Fakten, die seinen eigenen Erwartungen nicht entsprechen, als nicht existent betrachtet. Das ist immer verlockend. Kann ein Jeder bei sich zu Hause einmal nachsehen, dass man das dann, wie man so schön sagt, ein bisschen verdrängt. Aber das löst ja nichts, das schafft ja neue Probleme. Sehen Sie, wir sind in einer Welt, in der durch Wissenschaft, Forschung wir immer tiefer in die Bausteine von Natur und Leben reinkommen. Wir können das menschliche Genom verändern. Wir sind in einem Kenntnisstand, dass Auswirkungen ganz langfristig damit verbunden sind. Wir müssten uns also viel mehr Zeit für Entscheidungen nehmen. Und das genaue Gegenteil passiert. Wir leben eigentlich unter dem Diktat der Kurzfristigkeit. Geradezu exemplarische Ausgabe, dass im Jahre 2010 das Unwort des Jahres schon "alternativlos" war. Wenn du alternativlos bist, kannst du ja gar nichts mehr entscheiden, es ist ja alles vorgegeben. Diese Besorgnis ist im Grund eine Besorgnis für Demokratie. Es geht uns nicht um Trump’sches Abhaken, Wegschmeißen, kurzfristige Entscheidungen finden und meistens dann noch ohne Rücksichtnahme auf die, die davon betroffen sind. Das muss man immer sehen, von jeder Entscheidung gibt es Begünstigte, aber meistens auch solche, die darunter negative Wirkungen für sich erwarten müssen - und diese müssen genauso gehört werden. Ich sage nochmal, die Menschen müssen in einer Demokratie im Besonderen, aber überall auch Subjekt und nicht Objekt sein von Entscheidungen und in der Energiepolitik haben wir das glücklich erreicht. Die erneuerbaren Energien machen Mitwirkung ohne Zweifel sinnvoll, jeder denkt nach, du kannst sogar selbst etwas machen. Das ist eine Entwicklung, die auch demokratieverträglich ist.

Kommentar

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4 Kommentare

  1. 4.

    Es könnte ja auch sein, dass Donald Tramp gar keine Mauer bauen will, sondern eine Mauer, die als Rückwand von verschiedenen Gebäuden dient, z.B. Mc. Donald-Restaurants, Hotels, Banken, Lebensmittel-Geschäfte, Apotheken etc. und Anlagen zur Gewinnung von Solar-Energie.

  2. 3.

    Herr Grunert in Bestensee: Welche Argumentation soll mit Ihrer Wortmeldung gestützt werden? Was will uns der Dichter mit dem Scholl-Latour-Zitat sagen? Warum Kalkutta? Fragen über Fragen...

  3. 2.

    Wäre es zu viel verlangt, wenn Herr Wildt seine unsäglich besserwisserischen, Augenhöhe begehrenden Kommentar-Fragen auf präzise und möglichst intelligente Fragen reduzierte? Es gibt nämlich unbestreitbar ganz wenige Interviews, in denen die Fragen wichtiger sind als die Antworten. Oder, um es mit Marcel-Reich-Ranicki zu sagen: "Oh, ich sehe, Sie haben Antworten mitgebracht - bitte antworten Sie weiter!"

  4. 1.

    Ja, jeder kann einen Beitrag leisten: Müll vermeiden, Umwelt schonen, seinen Lebensunterhalt selbst verdienen. Leider ist der Anteil derjenigen im Land, die genau das nicht tun, seit zwei Jahren sprunghaft gestiegen. Das wirkt stark demotivierend. „Wer Kalkutta aufnimmt, rettet nicht Kalkutta, sondern wird selbst zu Kalkutta“ Peter Scholl-Latour. Und wer soll dann noch die hehren Ziele wie Energiewende, Umweltschutz und Kampf gegen Hunger und Elend in der Welt weiterverfolgen und finanzieren?

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10 Ideen - Das braucht Deutschland (Bild: rbb/Freiberg/Grischek)
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10 Ideen - Das braucht Deutschland

Zehn kluge Köpfe beziehen im Inforadio Stellung zur gesellschaftlichen Lage. Künstler, Publizisten und Wissenschaftler wie Anna Thalbach, Ulrich Wickert, Nico Hofmann, Smudo, Klaus Töpfer oder Sineb El Masrar formulieren ihren persönlichen Standpunkt: Was braucht Deutschland? Offenheit oder Abgrenzung, Miteinander oder Konfrontation? Das Ziel: Eigene Ideen formulieren, statt sichauf gängige Parolen zu verlassen. Hier auf inforadio.de können Sie alle Interviews nachhören, nachlesen und kommentieren!